Posaunenchor

Chronik 100 Jahre PC

DER POSAUNENCHOR 1911

der Anfang

Gründerjahre

Ja, das war schon ein denkwürdiger Samstag jener 25. Februar 1911;
nicht nur der Geburtstag des Königs wurde gefeiert, sondern auch
die Geburt des Denkendorfer Posaunenchores.
Der gerade elf Jahre alte Jünglingsverein hat in einem Großeinkauf
für 2 Piston, 2 Flügelhörner, 1 Tenorhorn, 1 Bariton und 1 Helikon
weit über 200 Mark ausgegeben; bei 30 Pfennig Stundenlohn eine
wahrhaft große Summe.
Schultheiß Geiger genehmigte schon 1910 dafür eine Haussammlung,
die 126 Mark einbrachte. Die jungen Männer der Gründergruppe
legten 98 Mark aus eigener Tasche hinzu. Von der Kirchengemeinde
erhielt man einen Zuschuss von 30 Mark.

Die 7 jungen engagierten Männer übten sofort unter der Leitung von
Rektor Friedrich Maurer und Wilhelm Keller sen., so dass sie schon
bei der Erntebetstunde des Jahres 1911 mit dem Choral Die Ernt ist
da, es winkt der Halm… öffentlich auftreten konnten. Zwei Jahre
später hatte der Chor 9 Bläser.

Von Anfang an verstand sich der Posaunenchor als eine Dienst-
gruppe des CVJM und der Kirchengemeinde. Spielen zum Lobe
Gottes war damals schon – und ist heute noch, nach 100 Jahre
– Aufgabe des Posaunenchores.

Erster Weltkrieg

Wie ein schweres Gewitter brach 1914 der erste Weltkrieg auch
über den CVJM und Posaunenchor herein. Sechs Bläser mussten
als Soldaten in den Krieg ziehen, die drei übrigen haben die Sache
über die schweren Jahre hinübergerettet. Es kam einem Neuanfang gleich,
als im Frühjahr 1919 die paar Alten, einige aus dem Krieg Zurückgekehrte
und eine handvoll junger Männer regelmäßig zweimal in der Woche
unter der Leitung von Gottlob Brucker zu üben begannen.
Zu dieser Zeit, also im Jahre 1919, begann der Posaunenchor mit dem
Frühblasen an kirchlichen Feiertagen und bei besonderen Anlässen.


Gruppenbild 1921

Posaunenklänge in der Backstube

Die Übungsstunden, die vor dem ersten Weltkrieg abwechslungsweise
in der Schule und in Wilhelm Kellers Backstube stattfanden, wurden
nun ganz ins Haus Keller verlegt und dort regelmäßig zehn Jahre
lang gehalten.

Im Jahr 1923 übernahm der damals kaum 20-jährige Gottlieb Kirschner sen.
die Leitung des Chores.

Höhepunkt der Arbeit waren jeweils die so genannten Bundesfeste
und Posaunentage. Schon im Jahre 1914 haben die Denkendorfer
Bläser an einer solchen Veranstaltung in Heilbronn teilgenommen.
In den nachfolgenden Jahren nach dem Neuaufbau des Chores 1919
konnte dieser bereits wieder bei den Bundesfesten dabei sein.

Die politische Zerissenheit der Weimarer Republik war auch im CVJM
und Posaunenchor zu spüren. Es gab in Denkendorf eine Vielzahl
von Parteien und Organisationen, die sich untereinander oft
bekämpften. Für die Verantwortlichen des CVJM war es nicht
einfach, den Verein an den politischen Klippen vorbeizuführen
und nicht in das Fahrwasser einer Richtung oder Partei zu kommen.

Neue Heimat im CVJM – Vereinshaus

Ein neuer Abschnitt in der Geschichte des Vereins setzte im Jahr 1928
ein. Gottlieb Eppinger wurde zum ersten Vorsitzenden gewählt und eine
neue Satzung aufgestellt. Auf dieser Grundlage hat man dann im Herbst
1928 den kühnen Entschluss gefasst, ein Vereinshaus zu bauen. Im
Oktober 1929 wurde begonnen und am 18.05.1930 konnte das neue
Vereinshaus des CVJM eingeweiht werden. Ein großartige Leistung in
einer wirtschaftlich sehr schwierigen Zeit (in Deutschland gab es damals
immerhin 6-7 Milionen Arbeitslose).

In diesem Haus hat der Posaunenchor nicht nur seine Heimat gefunden
sondern auch an innerer Festigkeit gewonnen (Zitat von G.Eppinger
anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des Posaunenchores am 08.07.1931)

Der Posaunenchor hatte damals 20 Bläser, dazu kamen noch Trommler und
Pfeiffer. Chorleiter war seit 1929 Gottlieb Wörner.

Gruppenbild 1930

Drittes Reich

Eine völlig veränderte Lage entstand für den CVJM und Posaunenchor mit
dem Beginn des Dritten Reiches im Jahre 1933. Das Vereinsleben musste unter
dem Druck der Verhältnisse Stück um Stück vereinfacht werden. Sport,
Fahrten und Wanderungen, überhaupt alles öffentliche Auftreten wurde
vom Staat verboten. Ab 1934 war Blasen nur noch bei kirchlichen Anlässen
erlaubt.

Drei Posaunentage waren es dann noch, die besondere Höhepunkte und
Ansporn für die Bläser darstellten: 1935 in Ludwigsburg, 1937 in Tübingen
und 1939 in Esslingen.

Durch den Ausbruch des 2. Weltkrieges ruhte die Arbeit im Chor, da fast
alle Bläser zur Wehrmacht eingezogen wurden. Im Juli 1941 begannen aber
wieder einige jungen Männer mit der PC-Arbeit. Es setzte sich besonders
Wilhelm Keller jr. dafür ein.

Durch den Anspruch der Hitler-Jugend an den jungen Menschen war es
sehr schwer, diese Arbeit weiterzuführen.

Gruppenbild 1943

Neuanfang in schweren Zeiten

Trotzdem waren es fünf Leute, die den Neuanfang wagten.
Es kamen noch einige ältere Bläser dazu, die nicht in den Krieg mussten
und Gottlieb Wörner hatte die Leitung, bis er 1942 zur Wehrmacht
einberufen wurde.

Nun war ein neuer Chorleiter zu suchen und Gottlieb Kirschner sen. nahm
sich der Sache wieder an. Unterstützung fand der Chor auch in dem
damaligen Bezirksposaunenwart Eugen Klein. Einen Posaunenchor zu dieser
Zeit spielfähig zu halten, bedeutete viel Arbeit, denn kaum waren die
jungen Leute aus der Schule und noch nicht 17 Jahre alt, so wurden sie
zum Arbeitsdienst oder zur Wehrmacht eingezogen. Es spielte also ein
junger Bläser nicht länger als ein bis drei Jahre.

Der Chor erreichte in dieser Zeit eine Stärke von etwa 18 Bläsern, so
dass ein Dienst auch auswärts, z.B. in Esslingen, Köngen, Nellingen oder
Nürtingen sehr oft durchgeführt werden musste.

Ab 1942 wurde das Frühblasen am Sonntagmorgen wieder zur
Selbstverständlichkeit und wird durchgeführt bis auf den heutigen Tag.

Wenige Wochen vor dem Kriegsende konnte sowohl in Köngen als auch
in Denkendorfer Kirchen eine kirchenmusikalische Feierstunde stattfinden.
„Kreuz und Elende das nimmt ein Ende nach Meeresbrausen und Windessausen
leuchtet der Sonnen gewünschtes Gesicht. Freude die Fülle und
selige Stille hab ich zu warten im himmlischen Garten; dahin sind meine
Gedanken gericht“ war der Schlusschoral bei dieser Feierstunde.

Nachkriegsjahre

Unmittelbar nach dem Kriege wurde die Arbeit ohne Unterbrechung
weitergeführt. Fast alle Heimkehrer aus der Gefangenschaft machten
wieder mit. Gottlieb Kirschner sen. hatte es nicht leicht, denn damit
war die Zahl der Bläser auf über 30 angestiegen.

In den schweren Kriegsjahren hatten die Bläser bei vielen Trauerfeiern
für gefallene Denkendorfer Soldaten ihre Choräle geblasen, jetzt wuchs
ihnen ein neuer, viel schönerer Dienst zu: Jeder Heimkehrer in Denkendorf
wurde nicht nur vom Geläut der Kirchenglocken, sondern auch vom
Posaunenchor mit einem Ständchen begrüßt. Der letzte Heimkehrer wurde
auf diese Weise im Juni 1955 willkommen geheißen.

Das eindrücklichste Erlebnis der ersten Nachkriegsjahre war ohne Zweifel
der 12. Landesposaunentag in Ulm am 2. Juni 1946. 2000 Bläser und viele
Tausend Festgäste versammelten sich im Münster und auf dem von Trümmern
umgebenen Münsterplatz zu einem mächtigen Gotteslob.

Das Thema des Tages ,,Jesus Christus herrscht als König“ klang noch
lange nach. Von Denkendorf waren genau 100 Teilnehmer
(Bläser und Festgäste) dabei.

Gruppenbild 1950

Der Posaunenchor unter Alfred Fetzer

Bis 1947 lag die Leitung des Chores noch in der bewährten Hand von
Gottlieb Kirschner sen., dann übergab er den Dirigentenstab an Alfred Fetzer,
nahm selber wieder sein altes Piston zur Hand und war dem Chor noch viele
Jahre als aktiver Bläser treu.

Unter der über 50-jährigen Chorleiterzeit Alfred Fetzers erfährt der Chor
eine kontinuierliche Aufwärtsentwicklung. Er prägte und gestaltete in
dieser Zeit maßgeblich die Arbeit des Posaunenchors. Ein besonderes
Erlebnis war nicht nur für Alfred Fetzer sein 50-jähriges Chorleiterjubiläum,
das am 07.Juni 1997 in der Denkendorfer Festhalle mit Posaunenklängen und
einem Theaterspiel gefeiert wurde.

Zu den klassischen Diensten des Posaunenchores wie der Mitwirkung bei
Gottesdiensten und Vereinsveranstaltungen, der Gestaltung musikalischer
Feierstunden, dem Frühblasen, Kurrendeblasen und Spielen am Krankenhaus
in Ruit und Esslingen oder beim Spielen in der Gemeinde, z.B.
Geburtstagsständchen bei allen 80 – 90 und 100 jährigen evangelischen
Denkendorfern.

Gruppenbild 1955

Posaunenchor als Orgelersatz

Eine besonders dankenswerten Dienst leistete der Chor der Kirchengemeinde
in den Jahren 1955 bis 1957. Damals wurde die Klosterkirche renoviert und
das gesamte gottesdienstliche Leben fand im Vereinshaus statt.
Der Posaunenchor ersetzte die Orgel und begleitete jeden Sonntag
den Gemeindegesang.

Zu den bereits erwähnten klassischen Aufgaben des Chores kamen noch
weitere hinzu: Beteiligung bei den Gottesdiensten im Grünen
und bei ökumenischen Gottediensten, musikalische Mitgestaltung,
zusammen mit dem Gesangverein und Musikverein der regelmäßig im
November stattfindenden Totengedenkfeier auf dem alten Friedhof,
außerdem das Spielen der Advents- und Weihnachtslieder auf dem
Rathausplatz seit dem 4. Advent 1980.

Jubiläumsfeiern

Das Jahr 1950 war ein Jubiläumsjahr. Die Esslinger Zeitung
schrieb damals folgendes:
Mit der 50-Jahr-Feier des Christlichen Vereins Junger Männer in Denkendorf
wurde gleichzeitig das 40-jährige Bestehen des Posaunenchors und
die 20-Jahrfeier des eigenen Vereinshauses am Sonntag gefeiert.

Zum musikalischen Festgottesdienst in der Klosterkirche waren
Posaunenchöre des Bezirkes Esslingen anwesend. Mächtige Klänge
drangen weit über die Mauern der Klosterkirche hinweg.

Im Jahr 1986 feierten 48 Bläser im Chor und 18 Jungbläser
das 75-jährige Jubiläum mit einem Festabend in der Festhalle und einem
Gottesdienst in der Klosterkirche.

Im Jubiläumsjahr 2001 (90 Jahre) bestand der Chor aus 43 Bläsern.
Zwei Jungbläsergruppen mit insgesamt 20 Bläser sorgten für den Nachwuchs.
Der Festgottesdienst wurde von dem Posaunenchor aus Rutzenmoos aus
Östereich, mit dem seit 1965 freundschaftliche Beziehungen bestehen,
mitgestaltet.

Gruppenbild 1960

Gruppenbild 1972

Frauen im Posaunenchor

Der Posaunenchor war in seinen Anfangszeiten als Gruppe des
Chrislichen Vereins junger Männer im wahrsten Sinne des Wortes nur eine
Männerdomäne. Erst im Jahr 1977 getraute sich Sabine Keller als erste Frau
in diese dominierende Männerriege.
Zwischenzeitlich ist mit 23% (14 Bläserinnen) die Frauenquote beachtlich
angestiegen, wäre aber sicherlich noch ausbaufähig.

Gruppenbild 1979

Gruppenbild 1986

Gruppenbild 1991

Gemeinsame Chorleitung / Verantwortung

Die Leitung des Chores übernahm nach Alfred Fetzer 1999 ein
Ausschuss, dem Martin Grammlich als Vorstand und Ansprechpartner
sowie Fritz Deuschle, Albrecht Grammlich und Hans-Martin Grammlich
angehörten. Als Dirigentin wurde Hannelore Asslinger gewonnen. Nachdem
Frau Aisslinger auch Organistin und Leiterin des Kirchenchores ist, war
die Liedbegleitung in den Gottesdiensten in einer Hand.

Ab 2001 übernahmen Michael Kirschner und Albrecht Grammlich die
Chorleitung gemeinsam. Seit Ende 2002 leitet Michael Kirschner den
Chor alleine; Albrecht Grammlich übernimmt ab 2009 die Aufgabe als
Vorstand und Ansprechpartner im Posaunenchor.

Neben der traditionellen Übungsstunde am Dienstagabend findet
seit 1997 jährlich Bläserwochenende im Freizeitheim Asch auf der
schwäbischen Alb und seit 2005 zwei Mal im Jahr Nachmittage an
Samstagen mit Üben und Gesprächen statt. Als freiwilliges Angebot
trifft sich seit 10 Jahren die Donnerstagsgruppe jede Woche um
just for fun neben der traditionellen Literatur neue Musikstücke zu proben.

Gemeinschaft wird großgeschrieben

Neben den Hauptaufgaben des Chores kommt auch die Geselligkeit nicht
zu kurz. Die jährlichen Familienfeiern und Wieslesfeste gehören genauso dazu
wie gemeinsame Freizeiten (in Asch wird nicht nur geblasen), Ausflüge und
Urlaubsaufenthalte. Ziele dieser gemeinsamen Unternehmugen waren auch
immer wieder der Posaunenchor in Rutzenmoos in Östereich und die Gemeinde
in Nyiregyhaza in Ostungarn, mit denen der Chor insbesondere
unter der Leitung von Alfred Fetzer eine enge Freundschaft verband.

Gruppenbild 2001

Gruppenbild 2006

Gruppenbild 2011

Posaunenchor als geistliche Heimat für alt und jung

In den letzten Jahrzehnten hat der Chor eine stetige Aufwärtsentwicklung
erlebt. Die Schwankungen und oft stürmischen Ereignisse in der allgemeinen
Jugendarbeit (z.B. in den sechziger Jahren) haben sich interessanterweise
im Posaunenchor kaum ausgewirkt.

Das generationenübergreifende Miteinander wird im Posaunenchor gelebt.
Dass alte und junge Bläser zusammenwirken und damit ein stückweit
zusammenleben ist schon der Aufgabe her bedingt und damit eher
selbstverständlich als anderswo. Die Motivation und das Ziel haben sich
nicht geändert. Der Posaunenchor als Dienstgruppe kann nur wirksam sein,
wenn er in Verbindung mit dem Wort Gottes bleibt. Übungsstunde und
Besinnung auf das Wort gehören immer schon zusammen, denn

das Blasen zum Lobe Gottes ist Ausdruck des Hörens auf dieses Wort!

Was Pfarrer Werner 1960 schrieb gilt auch heute noch:

Wir sind uns bei allem, was wir erreicht und erlebt haben, dessen bewusst,
dass es durch göttliche Treue geschenkt worden ist.
Und wenn auch viel menschliche Treue damit verbunden ist, so ist doch
auch dies ein Geschenk der göttlichen Treue. Unser Dank, der uns beim
Rückblick auf die lange Reihe von Jahren bewegt, kann nur
zusammengefasst sein in dem Wahlspruch: Gott allein die Ehre.

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